GIZ-Studie zu Capacity Development in Situationen von Konflikt und Fragilität

Dokumentation von Lernerfahrungen

Die Arbeit in fragilen und von Konflikt betroffenen Gebieten steht seit einiger Zeit im Zentrum der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Die effektive und nachhaltige Unterstützung von Staaten, die von Gewalt, Konflikt oder Fragilität betroffen sind, stellt eine der größten Herausforderungen in der EZ dar. Bereits 2011 wies der "New Deal for Engagement in Fragile States" auf Defizite der internationalen Entwicklungsbemühungen in fragilen Kontexten, insbesondere beim Umgang mit nationalen Interessen und Akteuren, hin. Auch die Vorhaben der GIZ sehen sich regelmäßig mit solchen Herausforderungen konfrontiert, die speziell aus den Dynamiken konfliktiver und fragiler Länder entstehen. Eine Arbeitsgruppe des Fachverbundes Governance Asien innerhalb der GIZ (Sector Network Governance Asia, SNGA), bestehend aus Vorhaben in Afghanistan, Kambodscha, Nepal, Pakistan, den Philippinen und Sri Lanka, hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Lernerfahrungen, also Beispiele sowohl guter Praxis als auch von Rückschlägen, zu dokumentieren und zu bewerten.

Die daraus entstandene Studie "Capacity Development in Situations of Conflict and Fragility. German Approaches and Lessons Learned by GIZ" identifiziert sechs, speziell im Kontext von Konflikt und Fragilität regelmäßig auftretende Dilemmata und damit verbundene Fragestellungen:

  1. Wie können externe Akteure in Partnerländern aktiv werden, ohne dass dabei lokale Lösungen und, wenngleich schwache, so doch vorhandene, staatliche Strukturen an Relevanz verlieren?
  2. Wie lässt sich verhindern, dass kurzfristige Maßnahmen zur Linderung von akuter Not unter bestimmten Bedingungen einen langfristigen strukturellen Wandel behindern?
  3. Wie lassen sich staatliche Strukturen und Institutionen stärken, wenn Nichtregierungsorganisationen und Entwicklungsorganisationen staatliche Aufgaben verlässlicher übernehmen?
  4. Lässt sich mit technischen Hilfsmaßnahmen überhaupt ein Nutzen erzielen, wenn die Probleme politischer Natur sind und daher eigentlich nach politischen Maßnahmen verlangen?
  5. Wie lassen sich langfristig geplante Strukturmaßnahmen mit der Notwendigkeit verbinden, flexibel auf einen sich verändernden Kontext zu reagieren?
  6. Wie können lokale Initiativen für Sicherheit und Friedensförderung zu langfristiger, staatlich getragener Stabilität beitragen ohne staatliche Strukturen zu umgehen?

Die "Lessons Learned" der Studie zeigen, dass Capacity Development keine isolierte technische Maßnahme ist, sondern zu einer grundlegenden Verbesserung der Beziehungen zwischen der Gesellschaft und staatlichen Institutionen in fragilen Ländern beitragen muss. Dazu gehört nicht nur die Stärkung des politischen Willens, sondern auch die Fähigkeit zur friedlichen Konfliktlösung sowohl der handelnden Akteure als auch der Institutionen. Die konsequente Nutzung des in der Studie vorgestellten Mehr-Ebenen-Ansatzes verschafft die notwendige Flexibilität, um je nach Lage und Bedarf auf andere Ebenen auszuweichen. Zudem sollte ein permanenter Abgleich und Ausgleich zwischen dringender kurzfristiger Bedarfserfüllung und langfristigen Veränderungszielen stattfinden. Achtsamkeit und Offenheit für den Kontext, insbesondere die Beobachtung von Risiken und Wirkungen, und die stetige Kommunikation mit Partnern und Auftraggebern haben sich ebenso als effektive Instrumente erwiesen wie Vertrauensbildungsmaßnahmen.

Die Studie ist nicht nur für MitarbeiterInnen der GIZ relevant, sondern dient der Unterstützung der gesamten "community of practice" im Bereich von Peacebuilding und Statebuilding. Gleichzeitig ist sie ein Appell, an alle an der Politikgestaltung Beteiligten, das große Potential von Capacity Development zur Reduzierung der Ursachen von Konflikt und Fragilität nicht zu vernachlässigen.

Quelle: FriEnt-Impulse 05/2016

Zurück