"Gleichberechtigung. Wo bist Du? Ich suche Dich. Ich will Dich spüren…" - Eine hoffnungsvolle Weihnachtsbotschaft der EIRENE-Partnerorganisation

Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser letzten Ausgabe des LHÜ-Info 2020 möchten wir, das gesamte Team des AKLHÜ, Ihnen -- gerade in dieser turbulenten Zeit -- besinnliche Feiertage und einen guten Start in das neue Jahr wünschen und bedanken uns bei Ihnen auf diesem Wege für Ihr Interesse an der internationalen Personellen Zusammenarbeit (IPZ).

Wir blicken auf ein bewegendes und einschneidendes Jahr im Bereich der IPZ zurück. Insgesamt hat sich die IPZ als bemerkenswert belastbar und anpassungsfähig bewiesen, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass gerade dieser Bereich, der vor allem von der physischen Begegnung vor Ort und der engen, grenzübergreifende Zusammenarbeit lebt, durch die Corona Pandemie besonders hart getroffen ist. So haben sich trotz social distancing und anderer widriger Umstände und über Kontinente hinweg neue und kreative Formen der Zusammenarbeit entwickelt, über die wir die letzten Monate immer wieder berichtet haben.

In der größten globalen Gesundheitskrise seit Jahrzehnten bewahrheitet sich das, was Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in ihrem Grußwort zum 50. Jubiläum des Entwicklungshelfer-Gesetzes am 12. Juli 2019 in Berlin sagte: „Denn zu jeder Zeit brauchte und braucht es Menschen mit Herz und Verstand, die sich freiwillig und mutig auf den Weg machen, um in aller Welt Entwicklungs- oder Friedensdienst zu leisten. Es braucht Menschen, die um die Bedingungen vor Ort wissen – die wissen, was gebraucht und was angenommen wird, welche Unterstützung tatsächlich Entwicklung fördert.“

Wir danken allen Fachkräften und Freiwilligen, die in dieser Zeit die Lebensrealität mit den Partnern teilen und sie –ob vor Ort oder auf digitalen Wegen – kompetent und solidarisch unterstützen. Ihnen, unseren Partnern und allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein hoffnungsvolles Weihnachtsfest und viel Zuversicht, Kraft und Ausdauer für das neue Jahr. Wir verabschieden uns mit einer inspirierenden Geschichte von Peline, einer Schülerin und Friedensbotschafterin im DR Kongo, die als Leuchtturm für eine gerechtere Welt steht. 

Euer AKLHÜ-Team


Ein kleiner Schritt für ein Mädchen, ein richtiger Schritt für Frieden in DR Kongo

(von Stefan Schneider – EIRENE Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V.)

Peline Fethi nahm ihr Herz in die Hand und trat einen Schritt nach vorne. Mit dem Mikrofon in der Hand trug sie ihr Gedicht vor, das sie extra für diesen Tag geschrieben hatte. Es war der Weltfriedenstag, gefeiert in Lusenda in der DR Kongo.

Frieden ist nicht selbstverständlich für die Menschen in Lusenda. Noch vor wenigen Jahren beheimatete der kleine Fischerort am Tanganyikasee lediglich 15.000 Menschen. Seit der Krise im benachbarten Burundi sind weitere 30.000 Geflüchtete dazugekommen. Die neuen Bewohner*innen von Lusenda wohnen seitdem in einem Geflüchtetencamp. Unzählige Zelte und provisorische Hütten reihen sich aneinander. Die relativ arme Lokalbevölkerung Lusendas wurde vor der Errichtung des Camps nicht gefragt. Das Camp wurde ihnen einfach vor die Haustür gesetzt. Das trieb die Menschen auf die Straße zum Demonstrieren. Sie sorgten sich um ihre Sicherheit und hatten Angst, dass die spärlichen Ressourcen wie zum Beispiel Brennholz noch knapper würden. Zudem gab es neidische Stimmen: „Die Geflüchteten werden bevorzugt; ihre Kinder kriegen Schuluniformen, Hefte und Stifte, und unsere Kinder kriegen nichts.“. Es gab unrühmliche Vorfälle: Diebstahl, geplünderte Felder, Prügeleien zwischen Jugendlichen, Frauen wurden belästigt. Es gab sogar Vergewaltigungen.

In diesem Umfeld ist Peline Fethi aufgewachsen. Sie war mit ihrer Familie vor politischer Gewalt in Burundi ins Nachbarland geflohen. Sie weiß, wie sie ihre Botschaft rüberbringen kann. Ihr Gedicht spricht Probleme offen an.

Eine wichtige Akteurin für Frieden in Lusenda ist die EIRENE-Partnerorganisation SVH im Zivilen Friedensdienst. Sie fördert seit 2015 das friedliche Miteinander zwischen Geflüchteten und der Lokalbevölkerung. SVH klärt auf, zum Beispiel durch Forumtheater (einem Mitmachtheater, in dem gesellschaftliche Belange besprochen werden) oder Friedensclubs in Schulen; angeleitet durch SVH stellen junge Kongoles*innen und Burunder*innen zusammen Ziegelsteine her. Auch ermöglichte SVH, dass Geflüchtete jetzt ein brachliegendes Stück Land bewirtschaften.

Während der „Woche für Gewaltfreiheit“ haben Oberschulen in Lusenda und Nachbarorten für friedliches Zusammenleben aufgeklärt. Highlight der Woche war ein Friedensmarsch. 300 Schüler*innen liefen, unter praller Sonne, singend und tanzend von einer Blaskapelle begleitet, auf den lokalen Fußballplatz. Dort fand ein Freundschaftsspiel zwischen burundischen Geflüchteten und kongolesischen Fußballer*innen statt. Vor Spielbeginn wurden kurze Theatersketche aufgeführt, Lieder gesungen und Gedichte vorgetragen. Das war Pelines Moment. Mutig trat sie nach vorne nahm das Mikrofon und sagte ihr selbstgeschriebenes Gedicht auf:

 

Gleichberechtigung. Wo bist Du? Ich suche Dich. Ich will Dich spüren…

Meine Mutter hat niemals Ihren Platz neben dem Mann gefunden, als unfähig verurteilt…

„Du kannst das nicht, du kannst jenes nicht“

Dieselben Worte die ich in der Schule höre: Mathematik? Physik? Das können Frauen nicht.

Und auf dem Heimweg von der Schule: die hungrigen Männeraugen starren Dich an;

Sprüche und Grinsen, und Hände greifen nach Dir.

Wir sind mehr als nur ein Körper, den man benutzen kann,

wann immer man will.

Wischt die Tränen weg und steht auf.

Gleichberechtigung: ich kämpfe für Dich.

 

Zurück