Studie untersucht Zugänge und Barrieren zum Internationalen Jugendaustausch

"Warum nicht?"

Es gibt bereits zahlreiche Studien zur Wirksamkeit der Internationale Jugendarbeit. Dennoch fehlen Informationen zu Zielgruppen, die von internationalen Maßnahmen bisher weniger erreicht wurden. Das Forschungsprojekt „Warum nicht? Studie zum Internationalen Jugendaustausch: Zugänge und Barrieren“ will diese Datenlücke jetzt schließen.

Die Reichweiten und Wirkungen von Maßnahmen internationaler Jugendarbeit wurden in den letzten zehn Jahren intensiver und systematischer wissenschaftlich erforscht. Umfragen auf europäischer Ebene, vor allem durch das Eurobarometer, die Evaluationen der EU-Jugendprogramme oder das 2005 veröffentlichte Forschungsprojekt „Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen auf die Persönlichkeitsentwicklung der TeilnehmerInnen“ waren Meilensteine, die vor allem mehr Wissen über die beteiligten Jugendlichen erbrachten. So gibt es fundierte Aussagen darüber, wer an internationalen Maßnahmen teilnimmt – nämlich eher junge Leute, die studieren oder ein Gymnasium besuchen – und welche Wirkungen internationale Erfahrungen haben können.

Grundlagen fehlen

Aber viele Gruppen – zum Beispiel Haupt-, Real- und Berufsschüler, Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Jugendliche aus bildungsfernen Familien – sind im internationalen Austausch deutlich unterrepräsentiert.
Die Hemmnisse für die Teilnahme an internationalen Austauschmaßnahmen sind vielfältig. Sie können unter anderem psychologischer, ökonomischer, struktureller, gesellschaftlicher oder politischer Natur sein. Aber auch wenn internationale Jugendbegegnungen und ähnliche Programme bereits Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten waren, liegen bis heute aus Deutschland keine gesicherten Daten dazu vor, wie hoch der Anteil der Jugendlichen tatsächlich ist, die an internationalen Austauschmaßnahmen teilnehmen, welche Jugendlichen vom Angebot nicht erreicht werden, welche Faktoren ihre Entscheidung beeinflussen und welche Hürden es gibt.

Komplexes Forschungsprojekt

Das Forschungsprojekt „Warum nicht? Studie zum Internationalen Jugendaustausch: Zugänge und Barrieren“ will diese Datenlücken schließen. Dafür bearbeiten mehrere Forschergruppen die Forschungsfragen mit qualitativen und quantitativen Methoden. So soll es eine Repräsentativbefragung Jugendlicher zur Teilnahme an internationalen Austauschmaßnahmen geben, die das SINUS-Institut Heidelberg unter der Leitung von Dr. Silke Borgstedt durchführt, eine Analyse bereits vorliegender Erkenntnisse zu bisher unterrepräsentierten Gruppen (IKO Institut Regensburg, Heike Abt), qualitative Interviews mit Expertinnen und Experten, durchgeführt von der Technischen Hochschule Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Thimmel, Tiefen-Interviews mit Jugendlichen, die bisher nicht an Programmen
teilgenommen haben, durchgeführt von Heike Abt vom IKO Institut Regensburg sowie eine Panel-Befragung im Rahmen des Projekts „Evaluation internationaler Jugendbegegnungen“ unter Mitarbeitenden und Teilnehmenden (durch das Projekt Freizeitenevaluation, Dr. Wolfgang Ilg). Außerdem ist eine Zusammenarbeit mit parallel laufenden ähnlichen Forschungsvorhaben, unter anderem solchen auf europäischer Ebene (RAY), geplant.

Ungewöhnlich sind die Größe und Reichweite der Studie ebenso wie die dahinterstehende Initiative. „Noch nie gab es in Deutschland ein Forschungsprojekt im Arbeitsfeld Internationale Jugendarbeit mit einer so breit angelegten Kooperation verschiedener Unterstützer und Forschungskompetenzen“, sagt Dr. Werner Müller, Geschäftsführer von transfer e.V. Träger des Projekts ist „Forschung und Praxis im Dialog“ (früher bekannt als „Forscher-Praktiker-Dialog“), ein Zusammenschluss von Fachkräften und Experten internationaler Jugendarbeit, angesiedelt bei transfer e.V. Die Initiative ging vom BMFSFJ und von der Robert-Bosch-Stiftung aus, die das Projekt auch finanziell fördern. Ein Beirat mit Vertreterinnen und Vertretern der Internationalen Jugendarbeit, unter anderem auch JUGEND für Europa, begleitet das Projekt.

Handlungsempfehlungen ableiten

Die Erwartungen sind entsprechend hoch. „Wenn es nicht gelingt, aus den Ergebnissen der Studie Handlungsableitungen für die Praxis und auch für die Fachpolitik zu entwickeln, die wirklich dazu führen, dass sowohl die Förderinstrumentarien wie auch Beratungs- und Vernetzungsinstrumentarien weiterentwickelt werden, dann hätte sich das aus meiner Sicht nicht gelohnt“, meint Werner Müller. Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung bieten die Erfahrungen aus einschlägigen Initiativen wie Interkulturell on Tour, IKUS und JiVE. Hier haben sich Netzwerke mit Organisationen und institutionellen Zugängen, zum Beispiel Schulen, Jugendsozialarbeit oder Jugendberufshilfe aufgebaut, die man für die Umsetzung der Erkenntnisse aus der „Zugangsstudie“ nutzen will. Werner Müller ist optimistisch: „Wir arbeiten im Projekt von Anfang an mit den Fachstellen zusammen, die die Handlungsempfehlungen umsetzen können.“ Spätestens auf dem 16. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag 2017 werden erste Ergebnisse präsentiert. In der Zwischenzeit wird laufend über den Fortgang der Forschungsarbeit  berichtetet. In Kürze erscheinen dazu ein Folder mit Informationen sowie eine Webpräsenz zum Projekt.

Quelle: Jugendpolitik in Europa

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